Wenn Du nur eine Nachricht am Tag bekommen möchtest

Avatar von Marcus Schwarze

Meine neue Lieblings-KI (Künstliche Intelligenz) ist der „News Minimalist“ von einem gewissen Vadim Yakhin aus Vancouver in Kanada.

Unge­fähr ein­mal am Tag mel­det sich der Dienst mit einer E‑Mail. Der Inhalt umfasst meist nur eine ein­zi­ge Nach­richt: die „wich­tigs­te“ des Tages. Sel­te­ner gera­ten so auch mal zwei oder drei News in der Mailbox.

Heu­te war das der Aus­gang der Wah­len in der Tür­kei samt Link zu einem Reu­ters-Text. Ges­tern ein Tref­fen der G 7 in Japan. Am Frei­tag das Ende von Coro­na-beding­ten Beschrän­kun­gen in den USA.

Dazu schreibt der „Mini­ma­list“, wie vie­le „Top News“ sei­ne künst­li­che Intel­li­genz dafür aus­ge­wer­tet hat. Es sind regel­mä­ßig mehr als 1000. Und eine Gra­fik zeigt, ab wel­chem ein­stell­ba­ren Grad der „Signi­fi­kanz“ eine kurz zusam­men­ge­fass­te News ver­linkt wird. Fal­len alle über­prüf­ten News unter einen ein­stell­ba­ren Schwell­wert, schickt der Dienst auch schon mal eine News: Es ist nichts Wich­ti­ges passiert.

(Inzwi­schen hat er die­se Nicht­nach­richt abge­stellt – nach einer Umfra­ge unter den Nutzern.)

Nun beur­teilt jeder anders, wel­che Nach­richt wich­tig ist. In Deutsch­land wäre es viel­leicht an die­sem Sonn­tag der abge­wen­de­te Bahn­streik, die Ver­dopp­lung der Hil­fen für die Ukrai­ne anläss­lich des Besuchs von Prä­si­dent Selen­skyj oder der letz­te Platz mit­tel­be­gab­ter Sän­ger beim Euro­vi­si­on Song Con­test. In Koblenz ver­mut­lich ein vor­bei­s­chip­pern­des ver­ros­te­tes Kriegs­ge­rät am Deut­schen Eck.

Und schon pro­gram­miert Mini­ma­list Yak­hin ein­stell­ba­re Rubri­ken nach Art der Res­sorts von Zei­tun­gen. Er über­legt, fremd­sprach­li­che News­let­ter zu ermög­li­chen. Und feilt an einem Bezahl­mo­dell für sol­che neu­en Funktionen.

Vor­ges­tern gewann er sei­nen ers­ten zahl­be­rei­ten Abonnenten.

Man stel­le sich den Dienst wei­ter­ent­wi­ckelt vor: Er lernt anhand ange­nom­me­ner Klicks über die Zeit, wel­che The­men wei­ter gut ankom­men. Er lernt nach dem Ama­zon-Prin­zip: Kun­den, die die­se Arti­kel klick­ten, klick­ten auch den fol­gen­den. Und er lernt, ein­mal aufs per­sön­li­che Post­fach los­ge­las­sen, wel­che „Nach­rich­ten“ noch so inter­es­sie­ren. Etwa wenn im ange­klick­ten Aldi-News­let­ter ein Elek­tro­fahr­rad ange­bo­ten wur­de und die Mail in den Ord­ner „Wich­tig“ ver­scho­ben wurde.

News und Wer­be­an­zei­gen dürf­ten sich mas­siv ver­än­dern. Und Vadim Yak­hin, der gewiss nicht der ers­te mit der Idee per­so­na­li­sier­ter Nach­rich­ten ist (wir tes­te­ten das bei der „Rhein-Zei­tung“ vor sechs oder sie­ben Jah­ren), soll­te man im Auge behalten.