Die hier hörbare Fassung wurde vollständig eingelesen von meiner synthetisierten Stimme, ergänzt durch zwei KI-Stimmen von Ramona und Wolf Spencer. Zum Einsatz kam die KI von Elevenlabs (Affiliate Link).
Das gibt’s auch mit Untertiteln, hier:
Das Original mit echtem gesprochenen Text von mir läuft nebenan bei Sascha. Sein Thema diesmal: Was man über ChatGPT & Co wissen muss – Hintergründe und Mechanismen des wirkmächtigsten Technologie-Komplexes unserer Zeit.
Richtig prompten
Heute erklären wir im KI-Tool der Woche, wie gutes Prompten geht. Der Prompt ist die Anweisung an die Künstliche Intelligenz, bestimmte Antworten zu geben. Je besser man promptet, desto besser das Ergebnis. Allerdings ist es nicht jedem gegeben, die Maschine richtig anzusprechen – und in der Schule haben das wahrscheinlich die wenigsten von uns gelernt.
Wichtig sind so gut wie immer Klarheit und Genauigkeit. Was soll ChatGPT genau tun? Erklären, zusammenfassen, auflisten? Nehmen wir den folgenden Prompt: „Versetz Dich in die Rolle von Albert Einstein. Erkläre mir die Relativitätstheorie, als wäre ich ein Zehnjähriger.“ Darin stecken drei wichtige Festlegungen: eine Rollenzuweisung, das Thema und die Zielgruppe. Wenn man das drauf hat, ist schon die Hälfte eines guten Prompts geritzt.
Zwei Details könnte man ergänzen: das Format und den Stil. Damit fügt man dem Prompt wichtigen Kontext hinzu. Beispiel: „Mach das in einem Absatz von maximal sechs Sätzen, und verwende eine einfache Sprache.“ Auch die Struktur und die Tonalität lassen sich so vorgeben. „Sprich mich wie einen Zehnjährigen informell an und wähle plastische Beispiele.“ Wer bereits solche Texte generiert oder selbst formuliert hat, kann sie als Beispiele der KI mitgeben: „Orientiere Dich bei der Formulierung Deiner Antwort an folgenden drei Texten.“
Damit werden ganz abgefahrene Dinge möglich. Da gibt es zum Beispiel den Kolumnisten Franz Josef Wagner in der „Bild“-Zeitung. Regelmäßig knöpft er sich ein aktuelles Ereignis vor. Sein Stil umfasst eine besondere Schlichtheit, man könnte auch sagen: eine geringe Fallhöhe. Mal schreibt er eine Ode an die Alpen, aus denen nun ein riesiger Bergsturz ein Dorf verschüttete. „Was als Nächstes? Hilft beten?“, fragt der Herr Wagner und beendet so seine Kolumne. Oder er schreibt an die Eltern von „Nazi-Kids“: „Wer oder was hat diese Scheiße in die Gehirne der 14/15-Jährigen gebracht?“, fragt er und kommt zu dem Schluss: „Es ist entsetzlich.“ Diese erschütternde Banalität des Schlichten kann eine KI lernen. Einfach zehn Texte vom Kolumnisten als Trainingsdokumente hinterlegen und die KI anweisen, exakt den Stil und die Länge daraus für ein neues aktuelles Thema zu übernehmen. Fertig ist die Wagner-KI.
Beim ernsthaften Arbeiten mit einer KI sind Prompts, die über mehrere Absätze gehen, keine Seltenheit. Sie helfen der Maschine, präzisere Antworten zu liefern. Allerdings kann es auch nützlich sein, in einem Dialog Schritt für Schritt ein Ergebnis herauszufordern. „Die Sätze sind zu lang und kompliziert. Mach sie kürzer und vereinfache das Thema.“ So chattet man sich zu dem gewünschten Ergebnis. Dieses iterative Arbeiten nimmt einem die KI nicht krumm, KI ist geduldig.
KIs werden oft unterschätzt, weil menschliche Nutzer einen wesentlichen Sachverhalt außer acht lassen: den Unterschied zwischen dem Weltwissen, das die KI mitbringt, und dem Spezialwissen, das man ihr als Nutzerin oder Nutzer bereitstellt. Verlässt man sich nur auf das Weltwissen der KI, fangen viele Maschinen an, zu halluzinieren. Sie erfinden Dinge. Erst wenn man ihnen Spezialwissen bereitstellt, entfalten die meisten KIs einen konkreten Nutzen. Beispiel „Du arbeitest wie ein penibler Journalist. Fasse mir das folgende PDF in sechs Sätzen zusammen. Beziehe Dich nur auf das PDF und erfinde nichts hinzu. Verwende einfache kurze Sätze.“ Das Spezialwissen ist dann das PDF.
Es mutet gelegentlich absurd an, der KI alles im Kleinklein zu erläutern. Doch hilft die Vorstellung, die KI als 16-jährige Praktikantin zu begreifen, der man alles ganz genau erklären muss. Wie soll die Maschine gendern? Soll sie den Leser direkt ansprechen? Soll Begeisterung fürs Thema oder Neutralität zum Ausdruck kommen? Das alles kann und sollte der Prompt vorgeben.
Das gelingt auch mit kreativen Aufträgen. Für ein Brainstorming oder eine erfundene Kurzgeschichte kann eine KI so angeleitet werden, dass sie sich Dinge ausdenkt. „Versetz Dich in die Rolle eines Kinderbuchautoren. Entwickle eine Gute-Nacht-Geschichte für einen Fünfjährigen. Darin soll eine alleinerziehende Mutter mit ihrem Sohn vorkommen, der beim Einkauf ausbüxt.“ Die Geschichte dürfte keinen Pulitzerpreis oder BolognaRagazzi Award gewinnen, aber als Grundlage für eine freundliche Erzählung taugen. Bei ChatGPT gibt es zudem einen sogenannten Canvas-Modus, bei dem die Antwort der KI als neues Dokument nachbearbeitbar wird. Damit kann man dann einzelne Sätze oder Absätze von der KI überarbeiten lassen. „Denk Dir einen anderen Schluss aus. Das ist mir zu kurz und nicht emotional genug.“
Was viele auch unterschätzen: KIs können nicht nur per Text chatten, sondern auch Bilder lesen. Da hat man in einem langen PDF eine komplizierte Tabelle über die Verkaufszahlen einzelner Schrauben und Nieten in den vergangenen acht Quartalen. Ein bei der KI hochgeladener Screenshot genügt, um neue Erkenntnisse daraus zu generieren: „Welche fünf Produkte verkaufen sich am besten?“ Das geht natürlich auch mit Excel, aber der KI darf man auch offene Fragen stellen: „Welche überraschenden Erkenntnisse ziehst Du aus dieser Tabelle?“ Nehmen wir für dieses Beispiel die Schrauben- und Nietenindustrie in Deutschland, eine der innovativsten Branchen weltweit. Wussten Sie, dass Holzschrauben mit Senkkopf und Torx-Antrieb zu den Bestsellern gehören, weil sie eine hohe Griffigkeit und Drehmomentübertragung bieten? Und dass bei den Nieten die Vollnieten und Blindnieten dominieren, die Vollnieten vor allem in der Luft- und Raumfahrt zum Einsatz kommen? Intelligente Schrauben werden mit Sensoren ausgestattet, die die Vorspannkraft messen und ihre Daten drahtlos an Überwachungssysteme melden. Solche smarte Schrauben bewahren manche Windkraftanlagen vor dem zerstörerischem Abflug eines Rotors. Die Frage nach den „überraschendsten Erkenntnissen“ an die KI kann oft der Aufhänger und der Einstieg in eine unterhaltsame Powerpoint-Präsentation sein, das ist ja die Mutter aller Wissensvermittlung.
Es gibt übrigens einen einfachen Trick, um eigene Prompts zu verbessern: Fragen Sie die KI danach! „Wie müsste dieser Prompt besser formuliert sein, damit Du besser verstehst, was ich von Dir möchte? Stell mir drei Fragen zu dem Prompt und überarbeite ihn dann entsprechend.“ Ob man die Maschine dabei duzt oder siezt, höflich befragt oder beschimpft, macht durchaus einen Unterschied fürs Ergebnis. Per Du oder Sie passt sich ChatGPT an die Ansprache an. Und Unhöflichkeit oder Beschimpfungen führen nicht zu besseren Ergebnissen – im Gegenteil: Die Kommunikation wird unklarer, und die Antwort kann unbrauchbar werden. Höflichkeit und konstruktive Formulierungen helfen, präzisere und dem gewünschten Stil entsprechende Antworten zu erhalten. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es aus ihm zurück – das gilt auch für die Künstliche Intelligenz.
Noch ein Wort zu der Frage, welche KI denn wohl die beste ist. Es kommt darauf an. Open AI hat mit seinem Dienst ChatGPT-4o oder etwas frei übersetzt Vier Null derzeit wohl die Krone auf bei vielen Nutzerinnen und Nutzern. Besser in der Antwortqualität ist die Version o3: Dann nimmt sich die Maschine mehr Zeit, und man kann ihr beim Denken zusehen. Dann gibt es noch o4-mini und o4-mini-high und GPT‑4.1 und GPT‑4.1‑mini – die bei Open AI denken sich fast jede Woche neue Modellbezeichnungen aus. Das ist oft verwirrend. Für die meisten Anwendungen taugt die Fassung 4o wohl am besten.
Unter KI-Auskennern setzt sich dagegen inzwischen ein konkurrierendes Modell durch: Google Gemini hat sich in einer Tabelle der Vergleichsplattform LM Arena seit ein paar Wochen an die Spitze der beliebtesten Sprachmodelle gesetzt. Erst danach folgen o3 und dann ChatGPT-4o. Für bestimmte Zwecke sind ganz andere KI-Programme hilfreich. Der Dienst Perplexity zum Beispiel ist ein KI-Tool, das ganz wunderbar Fragen beantwortet. Als Antwortmaschine lehrt Perplexity zurzeit der alten Suchmaschine Google das Fürchten. Erst seit Kurzem hat auch Google KI-Antworten auf seiner Webseite eingebaut, die seit fast 27 Jahren üblichen Linklisten rutschen weiter nach unten.