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  • Ausflug in die Elektromobilität

    Ausflug in die Elektromobilität

    Die wol­len ja auch leben. Bemes­sen wird der Auf­wand offen­bar nach Kon­to­stand des ört­li­chen Schum­mel­die­sel-Zurück­nah­me-Part­ners. Ich rech­ne schon mal mei­nen Stun­den­satz hoch für die Auf­wands­pau­scha­le zur Fahrt nach Mayen.

    Sei’s drum. Es wird ernst mit der Autosuche.

    Favo­rit für ein neu­es Fahr­zeug war bis­her ein Ioniq 5 von Hyun­dai, weil Kol­le­gen der Fach­pres­se ihn für gut befan­den. Eine Pro­be­fahrt mit einem ähn­li­chen Hyun­dai einer Bekann­ten bestärk­te mich in dem Plan.

    Ers­te Ris­se bekam der posi­ti­ve Gesamt­ein­druck aller­dings beim Ver­such, einen Ter­min für eine Pro­be­fahrt mit einem ech­ten Ioniq 5 zu bekom­men. Ein Hyun­dai-Händ­ler aus der Regi­on kann sich offen­bar vor Nach­fra­gen kaum ret­ten. Jeden­falls hal­te ich die Reak­ti­ons­ge­schwin­dig­keit auf zwei ent­spre­chen­de Mails und zwei Anru­fe nach einer Woche für ausbaufähig.

    Ein zwei­ter Schat­ten fiel nun auf die euro­päi­sche Elek­tro­mo­bi­li­täts­bran­che, als ich in Frank­furt bei Sixt einen „Peu­geot e‑208 oder ähn­lich“ zur über­brü­cken­den monat­li­chen Mie­te abholte.


    Er ent­pupp­te sich als Renault Zoe R135. Die­ser Peu­geot e‑208 oder ähn­lich fährt dann also nicht 150, son­dern 140 km/h, das Dreh­mo­ment umfasst 245 statt 260 Nano­me­ter, von 0 auf 100 braucht er andert­halb Sekünd­chen mehr. Sol­che Wer­te hat man als inzwi­schen ver­stän­di­ger Leser der Auto­knall­pres­se natür­lich drauf, genau­so wie den „Ver­brauch kom­bi­niert nach WLTP“ von sage und schrei­be 17,7 kWh/100 km statt 15,4. Geht eigent­lich gar nicht, aber ich woll­te kein Rück­fahr­ti­cket mit der Bahn (17 kWh/100 km – aller­dings pro Fahrgast).

    Der freund­li­che Sixt-Mensch räum­te auf Nach­fra­ge ein, dass der Wagen kein Lade­ka­bel hat.

    Also, das Auto hat zwar ein „inno­va­ti­ves Bat­te­rie­la­de­sys­tem auch gut für län­ge­re Fahr­ten“ und eine „inte­grier­te Aus­stat­tung“, wie es auf der Web­sei­te heißt – aber kein Lade­ka­bel. Dafür, so Mr. Sixt, ist die­ser Bur­sche hier zu 85 Pro­zent geladen.

    Im Über­ga­be­pro­to­koll haben das feh­len­de Kabel schon Fah­rer vor mir mokiert. So reih­te ich mich ein in die Malai­sen der Elek­tro­pio­nie­re, man ist ja schließ­lich forsch beim Kampf gegen die Kli­ma­ka­ta­stro­phe: Sturm­fest und erd­ver­wach­sen stem­men wir uns gegen auch klei­ne Irri­ta­tio­nen. Und die Kabel gebe es an den Lade­sta­tio­nen, schwin­del­te der Mann.

    Der eco-Modus

    Immer­hin fuhr der Peu­geot e‑208 oder ähn­lich ganz pas­sa­bel auf dem Weg zurück nach Koblenz. Mal abge­se­hen davon, dass die Fede­rung im all­ge­mei­nen wohl eher in Wolfs­burg statt in Frank­reich erfun­den wur­de. Und die Auto­bahn Frankfurt–Koblenz im Beson­de­ren eine beson­ders gut geeig­ne­te für Fede­rungs­me­cha­ni­ker­prak­tis bei Zoe-Bau­ern zur Able­gung der Zwi­schen­prü­fung sein dürf­te. Und ich brauch­te auch nur die hal­be Fahrt­stre­cke, um her­aus­zu­fin­den, wie man auf der Auto­bahn schnel­ler als 100 km/h fah­ren darf. Für Fein­schme­cker: Man drü­cke eine Eco-Tas­te in der Mit­tel­kon­so­le so häu­fig, bis ein nir­gends ange­zeig­ter Eco-Fahr­mo­dus aus­ge­schal­tet ist.

    Zurück in Koblenz waren die 85 Pro­zent Bat­te­rie­la­dung deut­lich geschrumpft, auf dem Tacho blie­ben 40 Kilo­me­ter Reich­wei­te. Wer jemals das Navi des Peu­geot e‑208 oder ähn­lich bedient hat, will nie wie­der eine Elek­tro-Tank­stel­le suchen müs­sen. Dank frü­he­rer inves­ti­ga­ti­ver Recher­chen war mir eine Lade­sta­ti­on an einer nahe­ge­le­ge­nen Schu­le bekannt, man ist ja gefuchst so als Elektropionier.

    Vor Ort auf dem Schul­park­platz die nächs­te Fra­ge: Wie öff­net man das Logo im Küh­ler­grill? Dafür gibt’s zum Glück Anlei­tun­gen im Inter­net. Wie öff­net man die zusätz­li­che Schutz­ab­de­ckung dahin­ter? Dafür gibt’s kei­ne Anlei­tung im Inter­net, und ich habe wirk­lich JEDE ZOE-SEITE IM NETZ GESEHEN, auch die … aber las­sen wir das.

    Ein Kabel hat die­se Lade­sta­ti­on merk­wür­di­ger­wei­se nicht, der Sixt-Mann war gewiss noch nie in Koblenz, die­ser Schlingel.

    Lösung im Frank?

    Wie öff­net man die Motor­hau­be des Zoe, in der Hoff­nung, dass da viel­leicht doch ein Kabel im Frunk ver­steckt ist? Wir Elek­tro­ex­per­ten wis­sen: Das ist ein Kof­fer­raum vor­ne im Auto, ein Front Trunk, und in die­sem Frank kann man gut die Lade­ka­bel ver­stau­en. Das all­wis­sen­de Inter­net bringt zutage:

    • a) Zum Öff­nen der Motor­hau­be im Zoe gibt’s einen ver­steck­ten zusätz­li­chen Schalter;
    • b) der Zoe hat kei­nen Frank;
    • c) die­ser Peu­geot e‑208 oder ähn­lich hat defi­ni­tiv kein Lade­ka­bel an Bord.

    Zumin­dest in der Theo­rie woll­te ich mal das Laden durch­spie­len. Wie bedient man die Lade­sta­ti­on? EC-Kar­te rein, PIN ein­ge­tippt, Kabel ange­schlos­sen? Geht so ja auch beim Kauf von Kippen.

    Ergeb­nis am Tat­ort Lade­sta­ti­on Gym­na­si­um Aster­stein: Sie hat kei­nen EC-Kar­ten-Schacht. Auch kei­nen Knopf, um Hil­fe anzu­fra­gen. Oder eine Tele­fon­num­mer, um mal nach­zu­fra­gen, wie das geht. Geschwei­ge denn eine 1–2‑3-Schritt-für-Schritt-Anleitung nach dem Mot­to: Sie wol­len laden? Wir wer­den liefern!

    Dafür gibt’s zum Glück einen QR-Code auf der Lade­sta­ti­on. Was macht man, wenn der zu einem „Feh­ler 404 – Sei­te nicht gefun­den“ führt? Loo­king at you, Stadt­ver­wal­tung Koblenz.

    Der QR-Code zu den Bedien-, Tarif- und Störungshinweisen zur Ladestation hat – eine Störung. Einfach mal einscannen, klappt auch mit dem Foto.

    Der QR-Code zu den Bedien‑, Tarif- und Stö­rungs­hin­wei­sen zur Lade­sta­ti­on hat – eine Stö­rung. Ein­fach mal ein­scan­nen, klappt auch mit dem Foto.

    Wei­te­re inves­ti­ga­ti­ve Recher­chen ste­hen aus, ich erwar­te nicht weni­ger als eine Kon­to­ein­rich­tung mit Video-Iden­ti­fi­ka­ti­on, per­sön­li­cher Kun­den­kar­te mit bio­me­tri­schem Pass­fo­to und 12-Monats-Abo. Und ein biss­chen Auf­wand, wenn ich dem­nächst mal in May­en, Mainz oder Mon­ta­baur laden möchte.

    So parkt jetzt ein Peu­geot e‑208 oder ähn­lich mit noch 38 Kilo­me­tern Reich­wei­te vor mei­nem Haus. Sei­ne geschwun­ge­nen Augen bli­cken sehn­süch­tig auf den Park­platz des VW Sha­ran neben­an, der dem­nächst in die ewi­gen Jagd­grün­de der Schum­mel­die­sel ein­geht, um sein letz­tes Dasein als eigent­lich doch ganz wacke­rer Wolfs­bur­ger in den Step­pen von Sudan, Sam­be­si oder Suhl zu fristen.

    Dort, wo sich 1000 km Reich­wei­te mit einem Schlauch an der Tank­stel­le in fünf Minu­ten nach­la­den lassen.

    Epi­log (1)

    Auf mei­ne Beschwer­de hin mel­de­te sich eine freund­li­che Dame von Sixt und bot an, den Peu­geot oder ähn­lich mit dem man­geln­den Lade­ka­bel gegen einen Peu­geot oder ähn­lich mit vor­han­de­nem Lade­ka­bel zu tau­schen. Ger­ne woll­te ich das Ange­bot wahr­neh­men und hielt es für prag­ma­tisch, doch ein­fach nur das Lade­ka­bel nach­zu­lie­fern, man müss­te ja nicht gleich den Has­sel eines kom­plet­ten Auto­tau­sches vor­neh­men. Das war dann aller­dings nicht mög­lich. Und vor Ort bei Sixt ent­pupp­te sich der neue Peu­geot oder ähn­lich dies­mal als Opel Cor­sa, einem alten Benziner.

    Auf mei­ne Inter­ven­ti­on hin wan­del­te man ihn wie­der­um zu einem neue­ren Zoe mit­samt Lade­ka­bel, „die Peu­geots kom­men bestimmt bald wie­der rein“. Der Zoe ist sogar mit neu­er Soft­ware etwas kom­for­ta­bler aus­ge­stat­tet: Erst­mals zeigt er den eco-Modus an, wenn man die eco-Tas­te drückt. Dann fährt der Zoe aller­dings nicht schnel­ler als 70. Eine Exper­tin schreibt mir, der eco-Modus sei halt nicht für die Auto­bahn geeig­net. Mir schwant: Am meis­ten eco ist ein Auto, das nicht fährt. Oder bes­ser noch eines, das man nicht braucht.

    Epi­log (2)

    Der ganz­heit­li­che Schlacht­plan eines Ioniq 5 als das eigent­lich gewünsch­te Elek­tro­fahr­zeug – vor­aus­ge­setzt eine Pro­be­fahrt offen­bart kei­ne unge­wünsch­ten Sei­ten­ef­fek­te – nimmt nun doch For­men an. Es bedurfte

    • eines wei­te­ren Anrufs beim ört­li­chen Händler,
    • einem ange­kün­dig­ten Lea­sing­an­ge­bot, das eine Woche spä­ter immer noch nicht gemailt war,
    • eines noch­ma­li­gen Anrufs zur Erinnerung,
    • eines hilf­rei­chen Rück­rufs vom Chef.

    Der Ver­käu­fer ist an Coro­na erkrankt, da wünscht man gute Bes­se­rung und freut sich, dass der Händ­ler über­haupt in der Lage ist, ein Auto zu verkaufen.

    Nur ob die staat­li­che För­de­rung mit ein­ge­rech­net wer­den kann, das ist „wegen der Bun­des­re­gie­rung“ frag­lich, „Sie haben ja bestimmt das Dra­ma um die KfW-För­de­rung mit­be­kom­men“. Denn die Lie­fer­zeit für einen Ioniq 5 beträgt: 12 Monate.

    Epi­log 3

    Anruf beim Amt, ob man mir hel­fen kön­ne, wie ich die Lade­sta­ti­on mit dem defek­ten QR-Code nut­zen kön­ne. Das steht im Inter­net, ant­wor­tet Herr B. Ja, wo denn?, fra­ge ich zurück und erwäh­ne die halb­stün­di­ge Kon­sul­ta­ti­on von koblenz​.de, evm​.de und Goog​le​.de. (Die Zoe-Sei­te erwäh­ne ich nicht.)

    Er ver­spricht, sich auch mal umzu­schau­en, und eine hal­be Stun­de spä­ter, was für ein Ser­vice, schickt er mir die Anlei­tung per Mail: Man gehe aufs Geo­por­tal der Stadt. Dort den ÖPNV her­aus­neh­men. Die Elek­tro­la­de­säu­len aus­wäh­len. Zur Schu­le auf dem Aster­stein scrol­len, dem Link dort folgen.

    Auf der Sei­te steht dann:

    Spontan­la­den (ad hoc) ohne vor­he­ri­ge Regis­trie­rung ist hier möglich.

    Ich bin begeis­tert. Nur wie?

    Habe mich jetzt mal für eine der dort genann­ten Kar­ten regis­triert, sol­che Pro­ble­me von Elek­tro­pio­nie­ren sind ja nur dor­ni­ge Chancen.